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Ein Text über Franz Schubert für die Heimseite im Zwischennetz

 

Da der Bayer von Hause aus nicht zu überstürzten Handlungen neigt, kam Franz erst vier Jahre nach dem Mauerfall in das Beitrittsgebiet, namentlich in den östlichen Teil von Berlin, um seinen Horizont zu erweitern, wie er bis heute behauptet. Im Gepäck eine Wandergitarre, die er aber nur bei Liebeskummer und ähnlichen Anlässen benutzte.
Nach anfänglich sprachlichen Schwierigkeiten, die bis heute nicht ganz überwunden sind, konnte er sich doch sehr bald auf eine für die Einheimischen – und solche, die sich dafür hielten – verständliche Art artikulieren, so daß dem Sammeln von Bekanntschaften nichts mehr im Wege stand. Bezüglich der etwas ruppigen Art der Berliner fühlte er sich auf das Angenehmste an seine niederbayerischen Landsleute erinnert.
Die Hand des Schicksals schubste ihn in die Arme der für ihn unaussprechlich titulierten Combo "Dostoprimetschatjelnosti". Vier Bier und die Verlockung der in Aussicht gestellten fliegenden Damenschlüpfer ließen ihn die vakante Stelle des Bassisten einnehmen. Bedenken, er sei doch mit der Ausübung des Baßspielens nicht vertraut, wurden mit der Bemerkung, wer Gitarre spielt, kann auch Baß spielen, hinweggefegt.

So lernte er Schubert kennen – Sänger, Gitarrist und auch Liederschreiber der "Dostos", wie er die Combo intern mit dem Einwand, sonst komme er garnicht mehr zum Üben, nannte.
Es folgten schon bald diverse Auftritte in gastronomischen Einrichtungen, die durchaus Begeisterung auslösten. Der Erfolg steigerte sich und gipfelte in einem Auftritt als Vorgruppe einer beliebten Ostrock-Band in der Kulturbrauerei. Nach diesem Höhepunkt ihres Schaffens fragten sie sich, was kann jetzt noch kommen – und lösten sich auf.
Franz suchte Trost bei seiner Wandergitarre.
Schubert suchte den Sinn des Lebens und verließ die Stadt.

Seine Sinnsuche wurde erheblich erschwert durch eine artfremde Tätigkeit in einer oberfränkischen Kleinstadt. Auch mentale Differenzen mit der einheimischen Bevölkerung waren nicht förderlich. Es reifte in ihm der Entschluß, die Suche doch wieder in Berlin fortzusetzen.

So kam es, daß sich Franz und Schubert nach behutsamer Annäherung mit Gitarre und Liedgut bestückt in der Franz- schen Küche zum gemeinsamen Musizieren trafen. Durch die Geburt eines liebreizenden Mädchens kam Schubert der Sinn des Lebens ein Stück weit entgegen.
Und Paul. Er war eines Tages einfach da, mit Glas.

Er war ein außergewöhnliches Exemplar seiner Gattung; Goldfische tragen eher selten Sonnenbrillen. Wo kam er her? War er ein verwunschener Musikproduzent? Schon bald erkannten sie, daß sie sich auf wundersame Weise von den Lippen ablesen 

konnten, was die Kommunikation mit einem Goldfisch erheblich erleichtert. 
Kritische Geister werden jetzt einwenden, daß sich die Mimik eines Goldfisches doch eher auf ein minimalistisches Maß beschränkt. Aber wie schon erwähnt – Paul war anders.
Das merkten auch Franz und Schubert, als sie zum Zwecke der Einnahme leicht alkoholhaltiger Erfrischungsgetränke eine Gaststätte aufsuchten und Paul mitnahmen. Das Goldfischglas auf den Tresen gestellt, wodurch sich für Paul ein sehr schöner Rundblick bot, entspann sich schon bald ein lebhafter Diskurs zwischen Paul und einigen angehenden Kneipenphilosophen über die Hegelsche Dialektik mit leichten Abschweifungen zur Kantschen Metaphysik der Sitten.
Erste Zweifel bezüglich der Musikproduzententheorie regten sich in Franz und Schubert. Nichtsdestotrotz, Paul war sehr beliebt, obwohl er keinen Alkohol zu sich nahm; aber er bellte und schmutzte nicht und glänzte mit umfassendem Wissen, zumindest in philosophischer Hinsicht. Zu Fragen, das tägliche Leben betreffend, verhielt er sich eher unbedarft, was aber für einen Gold- fisch sicherlich nicht von allzu großer Bedeutung sein dürfte.
So gingen viele Monate ins Land, und Paul war Franz und Schubert richtiggehend ans Herz gewachsen, was einen nicht unerheblichen Einfluß auf ihre musikalische Tätigkeit hatte. Denn Paul zeigte sichtlich reges Interesse an dem, was in der Franzschen Küche an Liedgut gedieh. Nur manche Texte schienen ihm nach philosophischen Gesichtspunkten zu eindimensional, was er aber mit dem Hinweis, auf den Text höre ja eh keiner, abtat. Doch ein verwunschener Musikproduzent!?
So plötzlich, wie er da war, war er auch eines Tages wieder verschwunden. Ohne Glas. Tiefe Bestürzung breitete sich in Franz und Schubert aus. Aber war es nicht auch ein Zeichen? War die Welt für sie bereit? Waren sie für die Welt bereit?
Angesichts ihrer schon chronisch zu nennenden Geldknappheit stürzten diese Fragen sie in eine tiefe Betroffenheit, als plötzlich ein guter alter Freund Schuberts an der Küchentür klopfte, um Trost und auch Geld zu geben. Hatte da etwa Paul seine Flossen mit im Spiel?
Mit dieser Frage gingen sie ins Studio. Aber das ist eine andere Geschichte...